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Haben es introvertierte Menschen schwerer in der Buchwelt zu bestehen?

So allgemein lässt sich diese Frage natürlich nicht beantworten, aber ich möchte euch heute gerne mal von meinen Erfahrungen berichten.
Ich bin ein sehr introvertierter Mensch, mache am liebsten alles mit mir selber aus, gleichzeitig aber habe ich immer Angst vor der Reaktion anderer. Frage mich, was sie über mich sagen und denken und fürchte, mich zu blamieren. Ich habe große Probleme, wenn ich irgendwohin komme, wo ich niemanden kenne, Smalltalk ist ein Graus für mich, genauso, wie von mir aus auf Leute zuzugehen. In größeren Gruppen halte ich mich lieber im Hintergrund und mache mir meine eigenen Gedanken zu den  unterschiedlichsten Themen. Ich stehe sehr ungern im Mittelpunkt und wenn alle Aufmerksamkeit auf mir liegt, dreht sich mir der Magen um und ich bekomme Herzrasen und fange an zu schwitzen. Kurz gesagt, am wohlsten fühle ich mich zuhause in meinen vier Wänden mit Menschen um mich, die ich schon lange kenne und die wissen, wie ich bin.

Was hat das aber mit der Buchwelt zu tun?

Nun, 2012 habe ich angefangen zu bloggen und eigentlich gedacht, dass der Austausch eben digital stattfinden würde. Mit Schreiben tu ich mich wesentlich leichter, als mit sprechen, deshalb kam mir das entgegen. Doch dann wollte ich natürlich auch unbedingt einmal eine Buchmesse besuchen. Immerhin schwärmten immer alle davon. Mein erster Messebesuch war jedoch gelinde gesagt: Enttäuschend. Ich schlenderte durch die Hallen und erkannte den Unterschied zu einer normalen Buchhandlung nicht. Dort gab es die selben Bücher, dafür weniger Gedränge und ich hätte mir eine stundenlange Autofahrt gespart.
Aber je länger ich bloggte, desto mehr Einladungen zu Bloggertreffen, Meet & Greets und Signierstunden flatterten mir ins Haus. Einmal meine Lieblingsautoren live treffen? Das musste ich einfach versuchen. Doch genau da begann mein Problem wieder von vorne: Auf Bloggertreffen war ich heillos überfordert. Zwar kannte ich viele Blognamen, aber wie sollte ich mit den Leuten in Kontakt kommen? Stellt man sich einfach zu irgendwelchen Gruppen und spricht die Leute an? Was sagt man? Wie hält man ein Gespräch am laufen? 1000 Gedanken, die sich immer wieder im Kreis drehten. Inklusive Herzflattern und Schweißausbrüchen. Die ersten Male stand ich also meist in der Ecke und wusste mit mir nicht so wirklich etwas anzufangen. Genauso ging es mir mit den Autoren. Ich hatte keine Ahnung, wie ich auf sie zugehen sollte. Wieso sollten die sich ausgerechnet Zeit nehmen, um mit mir ein wenig zu quatschen? Worüber sollte man sprechen und wie kam ich an ein Autogramm? Es war schwierig, sehr schwierig für mich. Aber bald merkte ich, dass mir eine Messe nichts bringen würde, wenn ich weiterhin in meinem Schneckenhaus bleiben würde. Ja, manchmal kann man einfach nicht aus seiner Haut, aber hier war mein Wille einfach stärker. Ich WOLLTE Kontakt  zu anderen Bloggern bekommen und wollte mit meinen Lieblingsautoren quatschen. Also blieb mir nichts anderes übrig, als über meinen Schatten zu springen. Die ersten Male, bei denen ich jemanden ansprach waren ein Horror für mich. Ich war ultranervös, was man mir sicher angehört und angesehen hat, ABER es wurde besser. Je mehr ich auf Leute zuging, desto einfacher war es, mich zu überwinden. Jetzt nach 8 Jahren bloggen und vielen Messebesuchen kann ich sagen, dass es mir immer noch nicht leicht fällt, mit anderen Kontakt aufzunehmen, aber die vielen wundervollen Begegnungen helfen mir dabei, mich zu öffnen und mich zumindest für eine kurze Zeit aus meinem Schneckenhaus zu wagen. Und mittlerweile traue ich mich sogar, selbst Blogger- und Autorentreffen zu veranstalten. Gut, wenn ich gewusst hätte, dass es dann plötzlich heißt, ich solle vor allen Anwesenden eine Rede halten und dass ich Mittelpunkt des Geschehens sein würde, hätte ich es mir vielleicht nochmal überlegt. Aber ich glaube, es tat mir auch gut, dass ich einfach ins kalte Wasser geschmissen wurde.
2016 kam dann mein persönlicher Super-GAU: Ich wurde von Books on Demand dazu eingeladen an einer Podiumsdiskussion auf der Frankfurter Buchmesse teilzunehmen. Tatsächlich hat mich diese Einladung in eine echte Krise gestürzt. Zum einen fühlte ich mich so geehrt, hab mich wahnsinnig gefreut und wollte es unbedingt machen, zum anderen war das mein persönlicher Albtraum: Auf einer Bühne im Mittelpunkt stehen und vor so vielen Leute reden. Was, wenn mir so schnell keine Antwort auf die Fragen einfällt? Wenn ich mich verhasple oder totalen Müll quatsche? Wenn ich stocke, nicht weiterweiß und mich völlig blamiere? Aber diese einmalige Chance konnte ich mir doch nicht entgehen lassen, oder? Also hab ich in einem positiv gestimmten Moment einfach zugesagt und dann gab es kein Zurück mehr. Diese Erfahrung war also zum einen die schlimmste in meinem Bloggerleben, zum anderen aber auch die beste, denn ich habe gemerkt, dass ich an meinen Aufgaben wachsen kann. Jede diese Erfahrungen brachte mich ein Stück mehr aus meinem Schneckenhaus und trotzdem bleibe ich, ich selbst.

Was machen extrovertierte Menschen anders?
Obwohl ich im Rahmen meiner Möglichkeiten immer wieder aus mir herauskomme, ärgere ich mich doch auch immer darüber, dass ich nicht “ein bisschen mehr wie andere sein kann”. Das wurde mir vor allem bewusst, als ich eine Bloggerin kennenlernte, die das genaue Gegenteil von mir ist. Mit ihrer Präsenz füllt sie ganze Räume, reißt Diskussionen an sich, unterhält eine Gruppe im Alleingang und „kaum jemand kommt an ihr vorbei“. Solche Menschen / Blogger sind es häufig, die mit ihren Videos ganze Massen begeistern, die eine riesige Fangemeinde haben, die meisten Kooperationen bekommen und „ständig überall dabei sind“. Sie verstehen es einfach, sich in Szene zu setzen und selbst zu vermarkten. Ja und eben jene Blogger beneide ich manchmal, weil ich immer das Gefühl habe, sie tun sich so viel leichter, als ich. Vielleicht machen sie sich ja genauso viele Gedanken vorher, aber es fällt ihnen wohl deutlich einfacher, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Sie scheinen kein Problem damit zu haben im Mittelpunkt zu stehen, ihn sogar geradezu zu suchen und fühlen sich in Gegenwart anderer (unbekannter Menschen) wohler. Und dass solche Menschen schneller im Gedächtnis bleiben, ist uns wohl allen klar. (Ob positiv oder negativ sei mal dahingestellt, aber zumindest erinnert man sich an sie.)
Mich persönlich hat das schon oft zum Verzweifeln gebracht und ich habe mir mehrmals gewünscht, ich könnte auch eine „Rampensau“ (wie man hier in Bayern so schön sagt), sein. ABER das bin ich nunmal nicht. Ich werde nie Einladungen zum Seitenlike verschicken, nie Leute öffentlich auffordern meine Beiträge zu teilen und meistens traue ich mich nicht einmal den Gewinn des Skoutz-Awards zu erwähnen, weil ich Angst habe, das käme arrogant rüber. Ich mag keine Videos von mir und war noch nie live auf Instagram oder Facebook, aus Angst, etwas Falsches zu sagen. Es fällt mir schwer, um etwas für mich zu bitten und das wird sicher auch so bleiben. Trotzdem habe ich sehr viel gelernt in den letzten Jahren als Bloggerin und freue mich über die Entwicklung, die ich gemacht habe. Ich bin glücklich, dass ich auf Autoren zugehen und sogar „Vorträge“ halten kann (auch, wenn mich das Wochen vorher schon meine ganze Kraft kostet). Und wenn es mal besonders schlimm ist, sage ich mir immer: „Die Veranstaltung dauert nur ein paar Tage/Stunden und danach kannst Du Dich wieder in Deiner Wohlfühlzone einigeln” 🙂

Warum erzähle ich euch das Ganze überhaupt?

Um anderen introvertierten Menschen (vor allem auch Autoren) Mut zu machen. Ihr müsst keine Entertainer sein, um in der Buchwelt zu bestehen. Vielleicht haben es extrovertierte Menschen einfacher (wer weiß?), aber jeder kann im Rahmen seiner Möglichkeiten die Buchwelt mitgestalten und bunter machen. Dafür müsst ihr aber (auch, wenn es schwer fällt) ein bisschen aus euch herauskommen, denn in eurem Schneckenhaus wird niemand von eurem Buch erfahren. Geht einen kleinen Schritt in die Welt hinaus, probiert Neues aus, testet, was für euch passt, traut euch etwas, sammelt neue Erfahrungen und freut euch über kleine Erfolge 🙂 Seid ihr selbst, aber mit einer kleinen Prise Mut, es wird sich lohnen … .

Bilder: pixabay

3 Kommentare

  • Alexandra Richter

    Meine allerliebste Moni,
    Ich bin froh und stolz dich als Freundin, Buchbloggerin zu kennen. Durch deinen Blog erst, bin ich selbst zu einer Bloggerin geworden. Ich freue mich immer sehr, wenn wir uns auf den Messen treffen und uns immer etwas näher und mehr kennenlernen dürfen. Aber das Thema heute, hast du sehr schön beschrieben, denn ich bin auch so EINE die sich am liebsten zu Hause in ihren vier Wänden am wohlsten fühlt. Und deshalb möchte ich dir schreiben, daß du für mich genau den Charakter hast, der mir gefällt. Ich mag dich gerade so. Bleib gesund und pass auf dich und deine Männer auf.
    Ganz ganz liebe Grüße…
    Deine Alex

  • Ti(a)na

    Hallo Moni,
    mir steht gerade der Mund offen, weißt du das? Ich weiß nicht warum, aber ich hab immer gedacht das du der total extrovertierte Mensch bist. Du machst immer so viel. Hast immer für alle ein offenes Ohr. Hast das Autoren-Navi gegründet und div. Aktionen, die unbekannten Autoren helfen bekannter zu werden.
    Ich finde dich sehr beeindruckend und jetzt nach diesem Beitrag noch mehr.

    Ich habe mich auch nie extrovertiert gesehen, aber auf Messen habe ich begonnen einen Schalter umzukippen und mir zu denken:
    Nach heute sehe ich die Personen entweder nie wieder oder sie mögen mich wie ich bin.
    Vielleicht hilft mir auch der Zustand, dass ich aus Österreich komme und mir denke, dass die Deutschen dann einfach denken werden das wir Ösis ein bisschen verrückt sind ;P
    Also habe ich einfach angefangen wildfremde Blogger und Autoren anzuquatschen und oft echt viel Blödsinn vor Nervösität geredet, aber ich habe auch gemerkt: Vielen geht es genauso wie mir.

    Ich stehe irgendwo zwischen intro- und extrovertiert, denn ich liebe es Zeit in meinen 4 Wänden zu verbringen. Ruhe zu haben und nicht immer “funktionieren” zu müssen.
    Aber auf der anderen Seite habe ich den Kontakt zu anderen Menschen lieben gelernt und wenn ich mal unter denen bin quatsche ich drauf los. Ich frage mich zwar auch immer, ob ich bei den anderen Personen gut ankomme, aber dann denke ich mir, dass es egal ist, immerhin sehe ich diese zu 98% nie wieder.

    Das ich mit diesen Präsenz füllenden Bloggern/Menschen nichts zu tun habe, ist für mich okay. Ich mag keine Fotos von mir (echt äußerst selten), ich mache keine Videos weil ich meine Stimme grausig finde (und ich sehe mir nicht mal so Videos von anderen an, weil ich einfach ganz oldschool Beiträge lese, warum soll ich ein Video machen, dass ich selbst nicht schauen würde?), aber das ist okay.
    Ich habe in den letzten Jahren neue Freunde durch den Blog gefunden. Autoren und Blogger, die ich gar nicht mehr missen will. Wenn wir uns mal auf einer Messe sehen, ist die Freude umso größer.

    Vielleicht haben es extrovertierte Menschen wirklich leichter an Kooperationen und co zu kommen, aber da ich den Büchern wege blogge und nicht der Kooperationen wegen ist es mir gelinde gesagt “wurscht”.

    Ich finde dich einfach beeindruckend wie viel Herzlbut und Zeit du in deinem Blog investierst. Ich habe nie gedacht, dass du introvertiert bist, du hast deine innerliche Panik echt gut verborgen.
    Vielleicht sehen wir uns ja mal auf einer Messe, wenn die Pandemie endlich soweit eingedämmt ist. Würde mich jedenfalls sehr darüber freuen!

    Fühl dich gedrückt!
    Alles Liebe,
    Ti(a)na

  • Jenny

    Liebe Moni,

    ich finde es toll, wie du dich öffnest, obwohl es dir so schwer fällt. Ich bewundere Menschen, die sich ihrer Angst stellen und Schritte über ihre Komfortzone hinausgehen.
    Du kannst sehr stolz auf dich sein.
    Ich jedenfalls bin froh, dass ich dich einmal schon persönlich auf einer Buchmesse treffen durfte, und ich würde mich riesig freuen, wenn wir das noch einmal machen könnten!
    Und deine stille, aber präsente Art zu bloggen finde ich persönlich sehr sympathisch. Auch wenn die “Rampensau” vielleicht mehr gesehen wird, ist das nicht unbedingt die Art Blog, die jeden gleichermaßen begeistert. Du machst das ganz toll!

    Alles Liebe und weiter so!

    Jenny

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